Nasenstüber

Kolumnen

December 2024

Arschloch oder Die Malediktologie

Leseprobe aus "Mit meinem Senf dazu"

(Siehe Rubrik "Bücher")

Es ist kaum zu glauben wie viele Arschlöcher auf der Welt herumlaufen, wenn man den wiederholten hunderttausenden Anschuldigungen Glauben schenken will. Ausser in Italien und Spanien, aber davon später. Noch kaumer zu glauben ist, dass es tatsächlich Leute gibt, die sich wissenschaftlich mit Schimpfwörtern und dem Fluchen auseinandersetzen. Einer davon ist Daniel Gutzmann, Linguist und Dozent an der Universität Köln. Seine Wissenschaft der Malediktologie untersucht, wie Schimpfwörter funktionieren und weshalb im Deutschen so oft Fäkalwörter fallen wie in kaum einer anderen Sprache, zudem warum Fluchen gesund ist.
Schimpfwörter sind inzwischen so ubiquitär und auch inflationär, dass es nur logisch ist, dass sich Sprachwissenschaftler nun auch intensiv mit diesen und insbesondere mit Fäkalwörtern auseinandersetzen. Es scheint dies ein Zeichen der Zeit – und meiner Meinung nach eines der generellen Dekadenz – zu sein. Nicht nur Sprachwissenschaftler, nein auch Gehirnforscher beschäftigen sich mit dem Fluchen. Unter dem Titel «Fluchen Sie ruhig – das macht Sie stärker!» war vor kurzem ein Interview mit dem Neurowissenschaftler Henning Beck zu lesen. Gemäss seiner Studien scheinen Schimpfworte einen psychologischen Nutzen zu haben, denn Menschen ertragen zum Beispiel körperliche Schmerzen besser, wenn sie fluchen. Der Grund dafür, so Beck, ist die Tatsache, dass das Gehirn schlecht zwei Sachen gleichzeitig machen kann. Eine Handlung wie das Schimpfen führt dazu, dass man sich mehr auf das Fluchen konzentriere und das Gehirn von der unangenehmen Situation abgelenkt werde. Es müssen aber echte Schimpfwörter sein, nichts Künstliches, Verkopftes. Etwas, bei dem man emotional wirklich dabei ist. Dann fühle man sich nach dem Fluchen tatsächlich besser.Weiterlesen...